Struktur und Geschäftstätigkeit
In diesem Kapitel erläutern wir die rechtliche und organisatorische Struktur des Volkswagen Konzerns und beschreiben die wesentlichen Veränderungen im Beteiligungsbereich im Jahr 2017.
RECHTLICHE UNTERNEHMENSSTRUKTUR IN GRUNDZÜGEN
Die Volkswagen AG ist die Muttergesellschaft des Volkswagen Konzerns. Einerseits entwickelt sie Fahrzeuge und Komponenten für die Konzernmarken, andererseits produziert und vertreibt sie insbesondere Pkw und leichte Nutzfahrzeuge der Marken Volkswagen Pkw und Volkswagen Nutzfahrzeuge. In ihrer Funktion als Muttergesellschaft hält die Volkswagen AG unmittelbar beziehungsweise mittelbar Beteiligungen an der AUDI AG, der SEAT S.A., der ŠKODA AUTO a.s., der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, der Scania AB, der MAN SE, der Volkswagen Financial Services AG, der Volkswagen Bank GmbH sowie an zahlreichen weiteren Gesellschaften im In- und Ausland. Ausführliche Angaben können Sie der Aufstellung des Anteilsbesitzes gemäß §§ 285 und 313 HGB entnehmen, der auf der Internetseite www.volkswagenag.com/ir abrufbar und Bestandteil des Jahresabschlusses ist.
Im Sinne von § 3 Nr. 38 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) ist die Volkswagen AG ein vertikal integriertes Energieversorgungsunternehmen und unterliegt somit den Regelungen des EnWG. Im Elektrizitätssektor übt die Volkswagen AG gemeinsam in der Gruppe mit einem Tochterunternehmen die Funktionen Erzeugung und Handel sowie Verteilung von Elektrizität aus.
Der Vorstand der Volkswagen AG leitet das Unternehmen in eigener Verantwortung. Der Aufsichtsrat bestellt, überwacht und berät den Vorstand; er ist unmittelbar in Entscheidungen eingebunden, die von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen sind.
ORGANISATORISCHE UNTERNEHMENSSTRUKTUR
Der Volkswagen Konzern ist einer der führenden Mehrmarkenkonzerne der Automobilindustrie. Die Geschäftstätigkeit des Unternehmens umfasst die Konzernbereiche Automobile und Finanzdienstleistungen. Alle Marken im Konzernbereich Automobile sind – mit Ausnahme der Marken Volkswagen Pkw und Volkswagen Nutzfahrzeuge – in eigenen Gesellschaften rechtlich verselbstständigt.
Der Konzernbereich Automobile umfasst die Bereiche Pkw, Nutzfahrzeuge und Power Engineering. Im Bereich Pkw werden im Wesentlichen die Pkw-Marken des Volkswagen Konzerns konsolidiert. Der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit ist die Entwicklung von Fahrzeugen und Motoren, die Produktion und der Vertrieb von Pkw sowie das Geschäft mit Originalteilen. Das Produktportfolio erstreckt sich von verbrauchsgünstigen Kleinwagen bis hin zu Fahrzeugen aus dem Luxussegment und beinhaltet auch Motorräder und wird sukzessive durch Mobilitätslösungen ergänzt.
Der Bereich Nutzfahrzeuge umfasst vor allem die Entwicklung, die Produktion und den Vertrieb von leichten Nutzfahrzeugen, Lkw und Bussen der Marken Volkswagen Nutzfahrzeuge, Scania und MAN, das Geschäft mit entsprechenden Originalteilen sowie damit in Zusammenhang stehende Dienstleistungen. Die Zusammenarbeit der Nutzfahrzeugmarken MAN und Scania wird unter dem Dach der Volkswagen Truck & Bus GmbH gesteuert und koordiniert. Das Angebot im Bereich Nutzfahrzeuge beginnt bei Pickups und reicht bis zu schweren Lkw und Bussen.
Im Bereich Power Engineering wird das Geschäft mit Großdieselmotoren, Turbomaschinen, Spezialgetrieben, Komponenten der Antriebstechnik und Prüfsystemen zusammengefasst.
Die Tätigkeit des Konzernbereichs Finanzdienstleistungen umfasst die Händler- und Kundenfinanzierung, das Fahrzeugleasing, das Bank- und Versicherungsgeschäft sowie das Flottenmanagement und Mobilitätsangebote.
Mit seinen Marken ist der Volkswagen Konzern auf allen relevanten Märkten der Welt vertreten. Zu den Hauptabsatzmärkten gehören derzeit die Region Westeuropa sowie die Länder China, USA, Brasilien und Mexiko.
Die Volkswagen AG und der Volkswagen Konzern werden vom Vorstand der Volkswagen AG auf Grundlage der Satzung der Volkswagen AG und der durch den Aufsichtsrat erlassenen Geschäftsordnung für den Vorstand der Volkswagen AG geleitet.
Jede Marke des Volkswagen Konzerns wird von einem Markenvorstand geleitet, der die unabhängige und eigenständige Entwicklung sowie den Geschäftsbetrieb der Marke sicherstellt. Dabei sind die vom Vorstand der Volkswagen AG festgelegten Konzernziele und -vorgaben zu berücksichtigen, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Konzernübergreifende Interessen können so verfolgt und gleichzeitig die markenindividuellen Charakteristika gewahrt und gestärkt werden. Angelegenheiten von konzernweiter Bedeutung werden dem Konzernvorstand vorgelegt, um – im gesetzlich zulässigen Rahmen – eine Abstimmung zu erreichen. Die Rechte und Pflichten der gesetzlichen Gremien der betreffenden Markengesellschaft bleiben davon unberührt.
Die Gesellschaften des Volkswagen Konzerns werden von ihrer jeweiligen Geschäftsleitung in eigener Verantwortung geführt. Dabei berücksichtigen die Geschäftsleitungen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen neben den Interessen der Gesellschaft auch die Interessen des Konzerns und der einzelnen Marken.
Auf Konzernebene befassen sich zudem Ausschüsse mit wesentlichen strategischen Fragestellungen, zum Beispiel zur Produktplanung, zu Investitionen sowie zu Führungsfragen.
Um das Führungs- und Steuerungsmodell des Konzerns weiter zu stärken, haben wir im Berichtsjahr das Portfolio dieser Ausschüsse und die Regelungslandschaft auf Konzernebene überarbeitet. So wurde unter anderem ein Ausschuss zur digitalen Transformation geschaffen, und der Ausschuss für Liquidität und Devisen wurde vom Vorstandsausschuss Risikomanagement abgelöst. Durch diese Veränderungen konnte zum einen die Komplexität reduziert und zum anderen die Governance im Konzern gestärkt werden. Darüber hinaus lag der Fokus der Konzernfunktionen weiter darauf, die wesentlichen Synergien über alle Marken und Geschäftsfelder hinweg zu heben, Kompetenzen zu bündeln und den Marken zur Verfügung zu stellen.
Außerdem wurde die operative Feinsteuerung auf Konzernebene weiter reduziert und gleichzeitig die unternehmerische Verantwortung in den Marken und Regionen gestärkt. Dadurch erhöhen sich die Entscheidungsgeschwindigkeit und die Agilität des Konzerns. Der Konzernvorstand kann sich stärker auf die Strategie und das Steuern wesentlicher Synergiefelder konzentrieren, beispielsweise den gemeinsamen Aufbau einer Digitalisierungsarchitektur, die Markenpositionierung, die Produktstrategie, die Entwicklung und Nutzung von Plattformen sowie Modulen, die Beschaffung und die Werksbelegung.
Im Rahmen unseres Zukunftsprogramms „TOGETHER –Strategie 2025“ unterstützt außerdem die Konzerninitiative Organisation 4.0 die Transformation des Unternehmens und macht die Organisation des Konzerns bereit für die Zukunft. Diese Initiative hat das Ziel, Aktivitäten geschäftsbereichsübergreifend zu vernetzen, neue Organisationsansätze zu initiieren und diese nachhaltig im Unternehmen zu verankern. So sollen ganzheitliche Impulse für Innovationen, Unternehmertum und Veränderungen nicht nur ermöglicht, sondern aktiv gefördert werden, und es soll sichergestellt werden, dass der Konzern auch in Zukunft agil und wettbewerbsfähig bleibt.
WESENTLICHE VERÄNDERUNGEN IM BETEILIGUNGSBEREICH
Mit seiner Eintragung ins Handelsregister am 16. Juli 2013 trat der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGAV) zwischen der MAN SE als beherrschtem Unternehmen und der Volkswagen Truck & Bus GmbH, einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Volkswagen AG, als herrschendem Unternehmen in Kraft. Durch den Abschluss des BGAV wurde das sogenannte faktische Konzernverhältnis durch einen Vertragskonzern ersetzt, der eine deutlich effizientere und unbürokratischere Zusammenarbeit zwischen der MAN Gruppe und dem übrigen Volkswagen Konzern ermöglicht. Die Minderheitsaktionäre der MAN SE haben das Recht, während der Laufzeit des im Juli 2013 eingeleiteten Spruchverfahrens, in dem die Angemessenheit der im Vertrag geregelten Barabfindung gemäß § 305 AktG und der Ausgleichszahlung gemäß § 304 AktG überprüft wird, sowie zwei Monate nach dessen Abschluss MAN Stamm- und Vorzugsaktien der Volkswagen Truck & Bus GmbH anzudienen. Ende Juli 2015 hat das Landgericht München in erster Instanz entschieden, dass der Abfindungsanspruch von 80,89 € auf 90,29 € je Aktie anzuheben sei. Sowohl die Volkswagen Truck & Bus GmbH als auch einige Minderheitsaktionäre haben am Oberlandesgericht München Beschwerde gegen das Urteil eingelegt. Ende Dezember 2017 hielt die Volkswagen Truck & Bus GmbH 75,73 % der Stammaktien und 46,95 % der Vorzugsaktien der MAN SE.
Anfang September 2016 gaben die Volkswagen Truck & Bus GmbH, eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Volkswagen AG, und der US-amerikanische Nutzfahrzeughersteller Navistar International Corporation (Navistar) bekannt, eine Vereinbarung zum Abschluss einer weitreichenden Allianz unterzeichnet zu haben. Der Vollzug der Transaktion erfolgte am 28. Februar 2017. Volkswagen Truck & Bus hat im Rahmen einer Kapitalerhöhung 16,6 % der Unternehmensanteile an Navistar erworben. Bis Ende 2017 wurde der Anteil auf 16,9 % erhöht. Navistar ist eine Holding, deren Tochtergesellschaften Lkw, Reise-, Linien- und Schulbusse, Dieselmotoren sowie Ersatzteile produzieren. Die Allianz umfasst Rahmenverträge für eine strategische Technologie- und Belieferungskooperation sowie das Joint Venture Global Truck & Bus Procurement LLC mit Sitz in Lisle (Illinois), mit dem gemeinsame Potenziale im globalen Einkauf gehoben werden sollen. Der Schwerpunkt innerhalb der Kooperation wird auf der Entwicklung gemeinsamer Antriebssysteme liegen, aber gegebenenfalls auch andere Bereiche der Nutzfahrzeugentwicklung sowie den Einkauf umfassen. Zusätzlich werden Kooperationsmöglichkeiten auf den Gebieten Autonomes Fahren, alternative Treibstofftechnologien und Konnektivität geprüft. Ziel ist es, zusammen neue Synergien zu schaffen und von den Zyklen der Branche unabhängiger zu werden.
Am 1. Juni 2017 wurde die teilweise Veräußerung der PGA Group SAS, Paris, Frankreich, durch die POFIN Financial Services Verwaltungs GmbH, Freilassing, an die Emil Frey-Gruppe umgesetzt. Der Verkauf steht im Zusammenhang mit der strategischen Weiterentwicklung des Händlernetzes der Porsche Holding Salzburg und der damit verbundenen Fokussierung auf Handelsbetriebe der Marken des Volkswagen Konzerns. Die Transaktion umfasst Handelsbetriebe in Polen, den Niederlanden, Belgien sowie teilweise in Frankreich.
Mit der Konzerninitiative „Geschäftsfeld-Portfolio optimieren“ will der Vorstand die Wettbewerbsfähigkeit und finanzielle Leistungsfähigkeit des Volkswagen Konzerns als zukunftsorientierter Mobilitätsdienstleister sicherstellen, indem sich der Konzern auf sein Kerngeschäft fokussiert und sein Kapital optimal einsetzt. Hierzu überwachen und analysieren wir unser Portfolio fortlaufend und können rechtzeitig durch notwendige Zu- oder Verkäufe reagieren.
RECHTLICHE EINFLUSSFAKTOREN FÜR DAS GESCHÄFT
Auf das Geschäft der Volkswagen Gesellschaften wirken – wie auch bei anderen international tätigen Unternehmen – zahlreiche in- und ausländische Rechtsordnungen ein. Dabei handelt es sich vor allem um entwicklungs-, produkt-, produktions- und vertriebsbezogene Vorschriften, unter anderem aber auch um aufsichts-, datenschutz-, finanz-, gesellschafts-, handels-, kapitalmarkt-, kartell- und steuerrechtliche Regelungen sowie solche des Arbeits-, Banken-, Beihilfe-, Energie-, Umwelt- und Versicherungsrechts.
ANTEILSBESITZ DER VOLKSWAGEN AG
www.volkswagenag.com/ir