Beschaffung
Auch im Geschäftsjahr 2017 bestand die zentrale Aufgabe der Beschaffung darin, die Bedarfe abzusichern und an der Erstellung wettbewerbsfähiger, innovativer Produkte sowie der Optimierung der Kostenstrukturen mitzuwirken. Gleichzeitig haben wir die Digitalisierung der Beschaffungsprozesse weiter vorangetrieben und im Rahmen der Initiative Volkswagen FAST (Future Automotive Supply Tracks) die Kooperation mit Lieferanten ausgebaut.
Beschaffungsstrategie
Für die konzernweite Beschaffungsstrategie mit der Vision „TOGETHER – best in customer value and cost“ stand das Geschäftsjahr 2017 im Zeichen der Operationalisierung. In Abstimmung mit den Marken und Regionen wurden sechs Ziele vereinbart:
- Zugang zu Lieferanteninnovationen
- Aktive Kostengestaltung
- Zukunftsweisende Strukturen
- Mensch, Kompetenz und Attraktivität
- Supply-Chain-Exzellenz
- Konzernweite Synergien
Um diese Ziele zu erreichen, sind bis Ende 2017 bereits mehr als 100 Maßnahmen in den folgenden Initiativen erarbeitet worden, die sich nun in Umsetzung befinden:
- „Value Sourcing“ zielt auf die frühe und systematische Einbindung der Lieferanten in den Entwicklungsprozess.
- „Greenfield Kosten“ beschreibt kaufmännische und technische Aktivitäten zur Erreichung optimaler Bauteilkosten.
- „Innovation & Partnerschaften“ stellt sicher, dass die Beschaffung integraler Bestandteil der für beide Themen relevanten Prozesse und Entscheidungen ist.
- „Software“ treibt die erforderliche Anpassung von Prozessen, Strukturen und Kompetenzen voran, die sich aus dem Einkauf von Software und deren zunehmender Bedeutung in der Wertschöpfung des Konzerns ergeben.
- „Digitale Supply Chain“ umfasst ein IT-System, welches alle Kernprozesse der Beschaffung in einer Lösung integriert und die Basis für ein digitales Netzwerk mit allen Partnern der Beschaffung bildet.
- „Nachhaltigkeit“ unterstützt die Zielsetzung des Konzerns, in diesem Bereich auch in der Lieferkette führend in der Automobilindustrie zu sein.
- „Mitarbeiter, starkes Team, Organisation“ richtet den Blick nach innen und schafft die Grundlage für den Erfolg der Strategie durch flache Hierarchien, Freiräume für die Mitarbeiter und eine Kultur aus Wertschätzung und Vertrauen.
Die ersten Erfolge der Initiativen sind bereits sichtbar: Beispielsweise wurden durch die frühe Einbindung von Lieferanten in mehreren Fahrzeugprojekten die Materialkostenziele schneller erreicht und gleichzeitig die Qualität aus Markt- und Kundensicht verbessert. Darüber hinaus haben wir mehrere Lieferanten bereits mit der Umsetzung konkreter Innovationen für unsere Produkte beauftragt, um eine frühe Nutzung durch die Kunden zu ermöglichen. Ferner wurde entschieden, Hard- und Software in den Beschaffungsprozessen zu trennen und einen neuen organisatorischen Bereich „Beschaffung Connectivity“ zu gründen. Im Rahmen der Initiative „Digitale Supply Chain“ wurden in 2017 erste Pilotprojekte mit neuen IT-Lösungen aufgesetzt. Diese werden sukzessive im Konzern ausgerollt. Auch Pilotprojekte, die Nachhaltigkeitsaspekte im Vergabeprozess berücksichtigen, wurden bereits angestoßen.
Volkswagen FAST – Lieferantennetzwerk als Basis des Erfolgs
FAST ist die 2015 eingeführte zentrale Initiative der Konzern-Beschaffung, um den Volkswagen Konzern und sein Lieferantennetzwerk zukunftssicher weiterzuentwickeln. Ziel von FAST ist es, durch eine frühere und intensivere Lieferanteneinbindung die zentralen Themen Innovation und Globalisierung erfolgreich umzusetzen. Mit unseren wichtigsten Partnern arbeiten wir bei der FAST-Initiative noch besser und schneller zusammen, um globale Strategien sowie technologische Ausrichtungen noch enger aufeinander abzustimmen. Gemeinsames Ziel ist, begeisternde Technologien für unsere Kunden schneller verfügbar zu machen und weltweite Fahrzeugprojekte effektiver und effizienter zu realisieren.
Von 55 FAST-Lieferanten im Jahr 2016 ist das Netzwerk im vergangenen Geschäftsjahr auf 64 Lieferanten gewachsen. Auf dem FAST Summit, der im Berichtsjahr zum dritten Mal stattfand, haben wir die wichtigsten Themen und Projekte des Konzerns vorgestellt. Zusätzlich haben relevante Entscheider im Rahmen des FAST Forum diskutiert, wie FAST für Volkswagen und die Lieferanten noch effektiver gestaltet werden kann.
Digitalisierung der Versorgung
Wir arbeiten konsequent daran, eine komplett digitalisierte Lieferkette umzusetzen. Sie wird uns dabei unterstützen, die Versorgung abzusichern, konzernweit Synergien zu heben und die Kosten- und Innovationsführerschaft zu erreichen. Dafür schaffen wir eine gemeinsame Datenbasis und nutzen innovative Technologien, die eine effiziente, vernetzte Zusammenarbeit in Echtzeit ermöglichen – im Konzern wie auch mit unseren Partnern. Seit dem erfolgreichen Start unserer neuen Konzern-Business-Plattform ONE KBP im April 2017 arbeiten wir gemeinsam mit unseren Lieferanten auf einer Plattform. Ebenfalls 2017 wurde eine cloud-basierte, konzernweite Datenstrategie verabschiedet, die uns ermöglicht, Versorgungsrisiken in der Lieferkette künftig noch schneller zu erkennen.
Struktur der wichtigsten Beschaffungsmärkte
Unsere Beschaffung ist global organisiert und in den wichtigen Märkten weltweit präsent. Dadurch ist gewährleistet, dass sowohl Produktionsmaterial und Sachinvestitionen als auch Dienstleistungen weltweit in der geforderten Qualität und zu bestmöglichen Konditionen beschafft werden können. Aufgrund der Vernetzung der Beschaffungsorganisationen der Marken sind wir in der Lage, konzernweit Synergien auf den verschiedenen Beschaffungsmärkten zu heben.
Der Volkswagen Konzern betreibt, zusätzlich zu den Beschaffungseinheiten der Marken, acht Regionalbüros: In Wachstumsmärkten ermitteln und qualifizieren wir lokale Lieferanten, um Kostenvorteile für alle Produktionsstandorte im Konzern zu realisieren. In bekannten und etablierten Märkten unterstützen die Regionalbüros den Zugang zu neuesten Technologien und Innovationen.
Versorgungssituation bei Kaufteilen und Vormaterialien
Die systematische Vermeidung von Engpässen stand kontinuierlich im Fokus der Beschaffung. Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürme beeinflussten die Verfügbarkeit von Vormaterialien. Negative Auswirkungen auf die Produktion im Konzern konnten wir dank des konzernweiten Kapazitäts- und Bedarfsmanagements vermeiden.
Kaufteile- und Lieferantenmanagement
Das Kaufteilemanagement ist fester Bestandteil der weltweiten Beschaffungsorganisation. Mit unseren Werkzeug- und Industrialisierungsexperten sowie durch standardisierte Prozesse und Vorgehensweisen leistet das Kaufteilemanagement einen maßgeblichen Beitrag dazu, die weltweiten Fahrzeug- und Aggregateanläufe abzusichern. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Komplexität in der Automobilindustrie wird auch die Absicherung der Serienversorgung unterstützt. Wir führen dazu im Rahmen der Vorserien eine simulierte Serienproduktion bei den Lieferanten durch, um eventuelle Mängel in der Ausbringung und Qualität rechtzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das Kaufteilemanagement arbeitet dabei eng mit der Qualitätssicherung der Fertigungsstandorte zusammen und führt mehrstufige Leistungstests durch.
Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen
Die weltweite Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards im Bereich Menschenrechte, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung ist für uns Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten. Sie ist auch vertraglicher Bestandteil der zugrunde liegenden Geschäftsbeziehung. Im Jahr 2017 wurde das Konzept Nachhaltigkeit in den Lieferantenbeziehungen kontinuierlich weiterentwickelt: Unsere „Anforderungen des Volkswagen Konzerns zur Nachhaltigkeit in den Beziehungen zu Geschäftspartnern (Code of Conduct für Geschäftspartner)“ haben wir in Bezug auf Menschenrechte und Arbeitsschutz konkretisiert und die Meldeoptionen von Verstößen bei Lieferanten ausgebaut.
Ein weiterer Themenschwerpunkt 2017 war, die Mitarbeiter der Beschaffung sowie unsere Lieferanten für Nachhaltigkeitsrisiken zu sensibilisieren und über Möglichkeiten der Risikovermeidung aufzuklären. Unser online-basiertes Qualifizierungsangebot haben bis zum Ende des Berichtsjahres rund 29.000 Standorte von Lieferanten durchlaufen. Ferner haben wir unter anderem in den Regionen Asien-Pazifik, Südamerika und Europa mehr als 700 Mitarbeiter von 356 Lieferanten in Präsenzveranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit qualifiziert und über regionalspezifische Herausforderungen informiert. Darüber hinaus wurden mehr als 2.000 Mitarbeiter der Beschaffung in Präsenzveranstaltungen für Nachhaltigkeitsrisiken in der Lieferkette sensibilisiert.
Auch die Überprüfung unserer Lieferanten in puncto Nachhaltigkeit haben wir im Berichtsjahr erheblich intensiviert. Bei 321 Lieferanten ließen wir durch einen externen Dienstleister Nachhaltigkeitsaudits durchführen. In 60 Fällen mündeten die Ergebnisse in einen Maßnahmenplan, der die Nachhaltigkeitsleistung der Lieferanten stärken soll. Zusätzlich zu diesen Vor-Ort-Überprüfungen haben über 25.000 Lieferantenstandorte eine Selbstauskunft zum Thema Nachhaltigkeit eingereicht. In rund 1.500 Fällen konnte ihre Nachhaltigkeitsleistung durch spezifische Maßnahmen verbessert werden.
Weichenstellungen für die Zukunft
Das Jahr 2017 stand für die Beschaffung im Zeichen der Vernetzung des Automobils und der Elektromobilität, mit der neue Werkstoffgruppen entstanden sind. Der Anteil der Software in unseren Kaufteilen nimmt stetig zu. Durch kosteneffektive Gestaltung von Lizenzverträgen und Standardisierung von Softwaremodulen übernimmt die Beschaffung hier eine wichtige Rolle. Wir haben frühzeitig reagiert, indem wir Kompetenzen gebündelt und so unsere Struktur noch schlagkräftiger gestaltet haben.