Dieselthematik

Im Geschäftsjahr haben wir umfangreiche Vergleichsvereinbarungen in den USA erzielt. Die technischen Maßnahmen für alle betroffenen Fahrzeuge des Motortyps EA 189 in der Europäischen Union wurden ausnahmslos freigegeben und überwiegend durchgeführt. Zudem haben wir die Aufklärung der Dieselthematik fortgesetzt. Im Geschäftsjahr waren weitere Sondereinflüsse in Höhe von 3,2 Mrd. € zu berücksichtigen.

UNREGELMÄSSIGKEITEN BEI NOX-EMISSIONEN

Am 18. September 2015 veröffentlichte die US-amerikanische Umweltschutzbehörde (Environmental Protection Agency, EPA) eine „Notice of Violation“ und gab öffentlich bekannt, dass bei Abgastests an bestimmten Fahrzeugen mit 2,0 l Dieselmotoren des Volkswagen Konzerns in den USA Unregelmäßigkeiten bei Stickoxid (NOx)-Emissionen festgestellt wurden. In diesem Zusammenhang informierte die Volkswagen AG darüber, dass in weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen mit Dieselmotoren des Typs EA 189 auffällige Abweichungen zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt wurden. Am 2. November 2015 gab die EPA mit einer „Notice of Violation“ bekannt, dass auch bei der Software von US-Fahrzeugen mit Dieselmotoren des Typs V6 mit 3,0 l Hubraum Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden.

In den USA und dem Rest der Welt wurden daraufhin zahlreiche gerichtliche und behördliche Verfahren eingeleitet. Im Geschäftsjahr 2017 ist es uns gelungen, einen Großteil der wesentlichen gerichtlichen und behördlichen Verfahren in den USA durch Abschlüsse von Vergleichsvereinbarungen zu beenden. Hierzu zählen insbesondere Vergleiche mit dem US-Justizministerium (DOJ – Department of Justice). Außerhalb der USA haben wir zudem mit zahlreichen Behörden Vereinbarungen in Bezug auf die Umsetzung der technischen Maßnahmen erzielt. Detaillierte Informationen zu den einzelnen Vergleichsvereinbarungen sowie zu laufenden gerichtlichen und behördlichen Verfahren finden Sie im Risiko- und Chancenbericht.

EINLEITUNG UMFANGREICHER UNTERSUCHUNGEN DURCH DIE VOLKSWAGEN AG

Die Volkswagen AG hat unverzüglich nach Veröffentlichung der ersten „Notice of Violation“ eigene interne und auch externe Ermittlungen eingeleitet.

Der Aufsichtsrat der Volkswagen AG hat einen Sonderausschuss gebildet, der die Tätigkeit des Aufsichtsrats im Zusammenhang mit der Dieselthematik für den Aufsichtsrat koordiniert.

Die internationale Anwaltskanzlei Jones Day wurde angesichts der Untersuchungen des DOJ und der Braunschweiger Staatsanwaltschaft sowie weiterer, seinerzeit zu erwartender Ermittlungen und Verfahren von der Volkswagen AG mit der Durchführung einer umfassenden Untersuchung der Dieselthematik beauftragt. Jones Day wurde von der Volkswagen AG angewiesen, dem DOJ Tatsachenbeweise vorzulegen.

Um US-amerikanische strafrechtliche Ansprüche beizulegen, haben die Volkswagen AG und das DOJ ein Plea Agreement abgeschlossen, das ein „Statement of Facts“ beinhaltet, welches eine Zusammenfassung der Tatsachenbehauptungen enthält, die aus Sicht des DOJ für den Vergleich mit der Volkswagen AG relevant waren. Das „Statement of Facts“ stützt sich sowohl auf die faktischen Erkenntnisse von Jones Day als auch auf die vom DOJ selbst ermittelten Beweise.

Jones Day hat die Arbeiten abgeschlossen, die dazu dienten, die Volkswagen AG bei der Einschätzung der strafrechtlichen Vorwürfe gegen das Unternehmen in den USA in Zusammenhang mit der Dieselthematik zu unterstützen. Arbeiten im Zusammenhang mit in den USA und im Rest der Welt anhängigen Rechtsstreitigkeiten dauern jedoch an, bedürfen erheblicher Anstrengungen und werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Hierbei wird die Volkswagen AG von mehreren externen Anwaltskanzleien beraten.

Des Weiteren hat die Volkswagen AG – ebenso wie die AUDI AG – im September 2015 in Deutschland Strafanzeige gegen unbekannt erstattet. Die Volkswagen AG und die AUDI AG kooperieren im Rahmen der Aufarbeitung der Vorkommnisse mit allen zuständigen Behörden.

Die Dieselthematik hatte ihren Ursprung in einer – nach Rechtsauffassung der Volkswagen AG nur nach US-amerikanischem Recht unzulässigen – Veränderung von Teilen der betreffenden Motorsteuerungssoftware für das seinerzeit von der Volkswagen AG entwickelte Dieselaggregat EA 189. Die Entscheidung zur Entwicklung und zur Installation dieser Softwarefunktion wurde Ende 2006 unterhalb der Vorstandsebene getroffen. Kein Vorstandsmitglied hatte zu diesem Zeitpunkt und nachfolgend über mehrere Jahre hinweg Kenntnis von der Entwicklung und Implementierung dieser Softwarefunktion in der betreffenden Motorsteuerungseinheit der EA 189-Dieselmotoren.

In den Monaten nach der Veröffentlichung der International Council on Clean Transportation (ICCT)-Studie im Mai 2014 wurden die der ICCT-Studie zugrunde liegenden Prüfanordnungen intern durch die Volkswagen AG wiederholt und die ungewöhnlich hohen NOx-Emissionen bei bestimmten 2,0 l Dieselmotoren des Typs EA 189 in den USA bestätigt. Dieses Ergebnis wurde dem California Air Resources Board (CARB) – eine Einheit der Umweltbehörde des US-Bundesstaates Kalifornien – mitgeteilt, und es wurde gleichzeitig angeboten, im Rahmen einer ohnehin in den USA geplanten Servicemaßnahme eine Rekalibrierung der Dieselmotoren des Typs EA 189 in den USA vorzunehmen. Diese Maßnahme wurde vom Ausschuss für Produktsicherheit (APS) bewertet und beschlossen. Der APS veranlasst erforderliche und zweckmäßige Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Konformität der in Verkehr gebrachten Produkte der Volkswagen AG. Es gibt keine Erkenntnisse, dass dem APS oder den für die Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses 2014 verantwortlichen Personen ein nach US-amerikanischem Recht unzulässiges „Defeat Device“ als Ursache der Auffälligkeiten offengelegt wurde. Vielmehr war die Erwartung der für die Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses 2014 verantwortlichen Personen zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahres- und Konzernabschlusses 2014, dass die Thematik im Rahmen einer Feldmaßnahme mit vergleichsweise geringem Aufwand zu beheben sei.

Im Laufe des Sommers 2015 wurde für einzelne Mitglieder des Vorstands der Volkswagen AG sukzessive erkennbar, dass die Auffälligkeiten in den USA durch eine Veränderung von Teilen der Motorsteuerungssoftware verursacht wurde, die später als nach US-amerikanischem Recht unzulässiges „Defeat Device“ identifiziert wurde. Dies mündete in der Offenlegung eines „Defeat Device“ gegenüber der EPA und der CARB am 3. September 2015. Die in der Folge zu erwartenden Kosten für den Volkswagen Konzern (Rückrufkosten, Nachrüstungskosten und Strafzahlungen) bewegten sich nach damaliger Einschätzung der verantwortlichen, mit der Sache befassten Personen nicht in einem grundlegend anderen Umfang als in früheren Fällen, in die andere Fahrzeughersteller involviert waren, und erschienen deshalb mit Blick auf die Geschäftstätigkeit des Volkswagen Konzerns insgesamt beherrschbar. Diese Beurteilung der Volkswagen AG fußte unter anderem auf der Beratung einer in den USA für Zulassungsfragen beauftragten Anwaltssozietät, wonach ähnlich gelagerte Fälle in der Vergangenheit mit den US-Behörden einvernehmlich gelöst werden konnten. Die am 18. September 2015 erfolgte Veröffentlichung der „Notice of Violation“ durch die EPA, die für den Vorstand vor allem zu diesem Zeitpunkt unerwartet kam, ließ die Lage sodann völlig anders erscheinen.

Auch bei der AUDI AG wurden umfangreiche Untersuchungen im Hinblick auf den etwaigen Einsatz von nach US-Recht unzulässigen „Defeat Devices“ in V6 3,0 l Dieselmotoren durchgeführt. Die im Auftrag der Volkswagen AG durchgeführte Untersuchung von Jones Day deckte diese Thematik mit ab.

Die seinerzeit amtierenden Vorstandsmitglieder der AUDI AG haben erklärt, dass sie bis zur Information durch die EPA im November 2015 keine Kenntnisse von dem Einsatz einer unzulässigen „Defeat Device Software“ nach US-amerikanischem Recht in V6 3.0 l TDI-Motoren hatten.

Innerhalb des Volkswagen Konzerns trägt die Volkswagen AG die Entwicklungsverantwortung für die Vierzylinder-Dieselmotoren, wie zum Beispiel Typ EA 189, und die AUDI AG trägt die Entwicklungsverantwortung für die Sechszylinder-Dieselmotoren, wie zum Beispiel 3,0 l Dieselmotoren des Typs V6.

Auch aus den bis zum Aufstellungszeitpunkt erfolgten Veröffentlichungen sowie aus den fortgeführten Untersuchungen und Befragungen zur Dieselthematik haben sich für den Vorstand der Volkswagen AG keine belastbaren Erkenntnisse oder Einschätzungen hinsichtlich des Sachverhalts ergeben, die zu einer anderen Bewertung der damit verbundenen Risiken (zum Beispiel Anlegerklagen) führen würden.